„Conan der Barbar“ - Das Geheimnis des Stahles

Hinter dem Horizont der spektakulären Märchenwelt

Das, was ein Werk zum Meisterwerk macht, ist die axiomatische Beständigkeit und die Universalität seiner Botschaft. Je tiefer das ideologisch-philosophische Fundament einer geistig-intellektuellen Schöpfung geht, desto mehr nähert sie sich an ein emanzipiertes, idealistisches Postulat an. Erst wenn sie die Korrosion ihres immanenten Mutterkuchens überstanden hat, den Drang zur Vollkommenheit ihres Schöpfers gestillt hat, kann man von einem Kulturphänomen sprechen. Und dazu zählt im kategorischen Nachdruck die John Milius Verfilmung von Robert Howards Werk – „Conan der Barbar“.

Auf den ersten Blick, wie in jedem klassischen Epos, entfaltet sich hier der ewige Zusammenstoß zwischen Gut und Böse. Doch in einer kühnen dichterischen Komplexität, die aus der nietzscheanischen apollinisch-dionysischen Dualität herausquellt. Еin Tribut an die ästhetische Metaphysik, der nicht nur die Rahmen seines Genres überschreitet, sondern die Leinwand der geopolitischen Faktoren und Aspekten seiner Zeit. Die Kurzerzählungen von Robert Howard dienen nur als grobe Skizze, worauf Milius den Kunsttrieb reflektiert und zu einem monumentalen Werk, voller Symbolik und philosophischer Grundsätze macht. Wesentliche semantische Bausteine, wie „das Geheimnis des Stahles“ und Conans Gebet an Krom, sind in den originalen Schriften nicht vorhanden.

Die Geburt des Logos aus dem Geiste des Mythos

Die ganze Ideenwelt von „Conan der Barbar“ trägt einen deutlich mythischen Charakter. Eine Komposition aus realen, fantastischen und überlieferten Elementen, legiert in einem einmaligen Artefakt, das den Grundstein für ein neues Genre - "Helden Fantasy", legte. „Mythos ist der Anfang und das Ende der Geschichte“ – behauptet der deutsche Komponist und Ritter der Kunst-Mythologie Richard Wagner. Wenn wir ihn paraphrasieren dürfen, dann ist Mythos die Geschichte an sich. Er ist die essenzielle Verkörperung der ideologischen Figuration der Realität, das konzeptuelle Bildnis der Dinge, identifiziert mit den Dingen selbst als solchen, und das ganz substanziell. „Jeder Mythos ist ein Symbol, aber nicht jedes Symbol ist Mythos[1]“ Diese wesentliche Entflechtung zwischen Mythos und Logos und ihr Verhältnis zueinander, beschreibt Alexander Dugin als ein Prozess der Emanzipation des Logos vom Mythos[2]“Etwas, was wir in Milius Darstellung nur peripher wahrnehmen können. Sie bleibt im mythischen Bereich und findet ausschließlich im Makrokosmos der männlichen Bestimmung statt. In dem wesentlichen, imperativen Dasein des Mannes, in seinem heroischen Heranwachsen an den Logos, während sich die Welt zwar nicht nach seinem Wort, aber nach dem Willen seines Schwertes krümmt.

Der Kreis als topografische Komponente

Und die Welt, auf der Conan der wortkarge Barbar verweilt, ist die Ökumene finsterer, dämonischer Natur nach allen Gesetzen des Chthonismus und Animismus. Wenn wir die Topologie nach Aristoteles Lehre als keine eigenständige, von den sie besiedelten Dingen entrissenen Fläche, sondern als der reale, materielle Ausdruck dieser Dinge betrachten, entfaltet sich vor uns eine homogene Zeit - und Raum Einheit. So verschwimmt und verschweißt sich in einem natürlichen Topos die Vielfalt von den in der Handlung dargestellten Kulturen und Orten. „Denn wichtig ist nicht woher und warum eine Sache kommt, sondern wohin sie sich bewegt.“ [3]Und da die Sache immer zu sich selbst geht, um sich selbst zu werden, ist das Rad des Schmerzes der eigentliche topografische Impuls, der zu beachten ist. Conan bewegt sich zu seinem eigenen Wesen, macht sich selbst, kreist um sein eigenes Zentrum. Doch die Allegorie dieses Rades erschöpft sich nicht mit dem Mann-Werden des jungen kimmerischen Burschen. Es hat eine zusammenfassende Symbolik und dient als Ausgangspunkt für die ganze Ideenlinie. Darin nistet die Tragödie vom dionysischen, vom Instinkt und Rausch getriebenen Conan. Die unendlich kreisende Bewegung der Zeit um die Ewigkeit, das Streben, diese Ewigkeit, dieses Zentrum zu erreichen, ist vergeblich aber jedoch unvermeidlich. In diesem Paradox ist der eigentliche Schmerz des Rades verborgen. Und mit dem Verlassen dieses Kreises, fängt erst der leidvolle Aufstieg Conans zur apollonischen Übervernunft, Besonnenheit und vertikalen Ordnung an.

Aus der dionysischen Dämmerung

Diesen Kreis trägt er als Amulett und erst als er seinen zwielichtigen Zustand verlässt, reißt er das Kreissymbol von seiner Brust ab. So kommt der immer werdende, ewig kreisende Barbar an das Licht des Logos – der kriegerischen Tugend, der solaren Weisheit und Gerechtigkeit. Manifest dieses apollinischen Erwachens ist Valerias Feuerbestattung – dort, wo bislang keine Flamme entzündet werden konnte, brechen mit voller Kraft und übergreifender Gewalt, wie ein Aufruf, wie eine Ansage, die Feuerzungen der Vorsehung aus. Das Gebot des Stahles entspringt wie ein Schweißfunke aus Kroms Schmiede. Krom – ein „Blutsbruder“ von Zeus, der in sich die absolute Macht, die vertikale kosmische Achse, die patriarchale Anordnung und der männliche Ursprung trägt. Wie der russische Philosoph Alexander Dugin über die hohen olympischen Gottheiten schreibt: „Die hellen patriarchalen Götter der solaren vertikalen hierarchischen Ordnung sind die direkten Vorfahren des Logos“[4].

Das Geheimnis des Stahles und das Geheimnis des Fleisches

Wenn die causa efficiens, die äußere Bewegungsursache, von Conan, die Rache für die ermordeten Eltern ist, so ist seine causa finalis eindeutig das Enträtseln des Geheimnisses des Stahles. Um das zu erreichen muss er in die chthonischen, finsteren und kalten Logen der „Großen Mutter“ hinabsteigen. Ihr Wesen ist das Fleisch – die Materie, der Chaos, das Irdische, das Verwesliche. Wie die Schlange selbst vergiftet und verschlingt sie die Vernunft, betäubt den Willen, verführt zu den niedrigsten fleischlichen Gelüsten. Diese Antiordnung, dieser Tempel des Nichts macht die spezifische für jede Mythologie dreischichtige Struktur „Himmel-Erde-Hölle“ vollkommen. Als Antithese dieses Kultes erscheint das traditionelle, patriarchale Vermächtnis des Stahls und seine göttliche Genesis. Im Kampf der Götter mit den Titanen gehärtet, ist der Stahl der materielle Ausdruck des schöpferischen Willens, der absoluten Beständigkeit der hohen Ordnung. Ein Symbol der Härte und der Treue – ein Artefakt der Ewigkeit. Der Schlüssel zur Überwindung des Vergänglichen, Immanenten und Allzumenschlichen. Erst, wenn das Sichtbare, Greifbare, das Vorhandene und Phänomenale abgestoßen wird, gelingt die Implosion in sich selbst – wenn das Sinnliche und Materielle durch das innere Prisma gebrochen wird, entsteht der Wahnsinn des Übermenschen. Der gewagte Sprung in den Abgrund – die Geburt der Idee, der Geistesblitz.

Wo ist doch der Blitz, der euch mit seiner Zunge lecke? Wo ist der Wahnsinn, mit dem ihr geimpft werden müsstet? Seht, ich lehre euch den Übermenschen: der ist dieser Blitz, der ist dieser Wahnsinn![5]

Vom Barbaren zum Herrscher

Das Göttliche in sich ergriffen, aus der dionysischen Dämmerung herausgeboren, erwirbt Conan einen neuen Zug. Er wird nachdenklich und sentimental, sogar poetisch, er taucht in die Urquellen seines Daseins. In seinem Gebet an Krom wird sein hyperanthropischer Wille verdeutlicht. Er ist das Zentrum, er ist der Sieger über das Sein und das Nichts. Diese grelle Ansage triumphiert mit vollem, sieghaftem Ausdruck bei dem um sich Drehen der Feuerschale. Jetzt ist er das Zentrum und der Drehpunkt. Er ist der Träger des hoch erhobenen, vertikalen Schwertes – des Zepters der gesetzlichen Form. Der Vorbote und Schöpfer „der Zukunft, ... des Unvermeidlichen, des Notwendigen, des Unmöglichen“.[6]

[1] Aleksey Losev, Das Problem der Symbolik und der realistischen Kunst
[2] Александр Дугин, Логос Диониса, Мифос и Логос, - 15.11.2019 – geopolitika.ru
Vgl. Alexander Dugin, Der dionysische Logos – Mythos und Logos, am 15.11.2019– geopolitika.ru
[3] Ноомахия. Логос сумерек. Между хаосом и порядком. Александр Дугин, День ТВ - YouTube
Alexander Dugin, Noomachie, der zwielichtige Logos, Zwischen Chaos und Ordnung, Den` TV - YouTube
[4] Александр Дугин, Логос Диониса, Боги Логоса, 15.11.2019– geopolitika.ru
Alexander Dugin, Der dionysische Logos, Die Götter des Logos, am 15.11.2019– geopolitika.ru
[5] Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra
[6] Александр Дугин, Фридрих Ницше - путь к Сверхчеловеку - nietzsche.ru
Alexander Dugin, Friedrich Nietzsche - Der Weg zum Übermenschen, - nietzsche.ru