Einführung in die Noomachie (Siebente Vorlesung) – der christliche logos
Haupt-Reiter
Die siebente Vorlesung widmet sich dem christlichen logos. Wir führen nun eine kurze noologische Analyse des Christentums und der christlichen Tradition durch, ich möchte festhalten, dass sie nicht dogmatisch ist. Wir sehen das Christentum als kulturelles, soziales, politisches, strukturelles und philosophisches Phänomen an. Also verteidigen wir weder das Christentum, noch greifen wir es an – auch wenn ich selbst orthodoxer Christ bin, werden wir das Christentum in der noologischen Analyse korrekt behandeln und nicht zu sehr auf unseren konfessionellen Vorlieben bestehen. Darin besteht die noologische Analyse. Wir diskutieren nicht die Wahrheit oder die Häresie, was wir als dogmatisch korrekt oder häretisch definieren. Alles worüber wir sprechen wir von einem noologischen Standpunkt aus betrachtet werden, der Sichtweise der strukturellen Analyse.
Zuallererst ist festzuhalten, dass, wenn wir das Christentum und die christliche Doktrin von einem noologischen Standpunkt aus betrachten, der auf der Geosophie und den drei logoi gründet, wir mit Leichtigkeit von Anfang an einige allgemeine Prinzipien das Christentums betrachtend formulieren können. Zunächst ist der logos des Christentums klar apollinisch. Er ist vor allem vertikal. Das Konzept des Gottvaters, des himmlischen Vaters, der heiligen Dreifaltigkeit und der Transzendenz des Schöpfers im Angesicht der Schöpfung schafft eine Art traditionellen logos des Apoll, den wir bereits kennen. Das ist die reine vertikale Organisation des metaphysischen Raumes. Hier gibt es einen himmlischen Vater (keine Mutter), der sich im Himmel befindet und die Welt erschaffen hat – das ist Transzendenz. Hierbei haben wir es mit einer Art Abstieg von der Spitze nach Unten zu tun. Die Schöpfung reicht von der Ewigkeit bis zur Zeit, vom Himmel zur Erden, von Gott zum Menschen und den anderen Kreaturen. In den grundlegenden dogmatischen Prinzipien finden wir die apollinische Logik wieder. Alle drei Personen der Dreifaltigkeit werden als männlich und maskulin angesehen. Sowohl Gottvater, Gottessohn und Gottes heiliger Geist, es ist sehr wichtig, dass alle drei als männliche Figuren gesehen werden. Dies ist in symbolischer Hinsicht von großer Bedeutung. Die Beziehung zwischen der Schöpfung und dem Schöpfer ist hierarchisch. Die Schöpfung muss dem Schöpfer untergeordnet sein. Wir haben es hier also mit einer Hierarchie zu tun und in der Vertikalität sehen wir die grundlegende Eigenschaft der christlichen Tradition. Dies ist die patriarchale Essenz der christlichen Tradition.
Und indem wir das annehmen, können wir sagen, das es kein Zufall ist, dass sich diese Tradition gerade in der indoeuropäischen Welt zuerst entwickelt hat (in Griechenland, Rom und Europa). Das Christentum wurde zur normativen Tradition für die indoeuropäische Gesellschaft. Nicht für alle Gesellschaften, aber zumindest für den westlichen Teil der indoeuropäischen Gesellschaft, wo das Konzept Gottes in den grundlegenden Zügen des christlichen Gottvaters mehr oder weniger mit Zeus, Jupiter und den männlichen Göttern der vorchristlichen Zeit übereinstimmte. Es war einfach, den himmlischen Vater im Volksbewusstsein mit einem anderen zu ersetzen. Denn die Figur wird in der deutschen Sprache mit dem Wort „Gestalt“ beschrieben. Das ist die Figur, keine exakte Beschreibung der Person an sich, sondern eine Beschreibung ihrer Qualitäten. Die Gestalt ist eine Art Rahmen für den himmlischen Vater, der der selbe war. Wir haben es hier also mit einer Kontinuität von der vorchristlichen zur christlichen Tradition zu tun. Diese Kontinuität baute auf einer Struktur auf, auf einem Rahmen, einer Gestalt, auf der Typologie der Zivilisation, was sehr wichtig hervorzuheben ist. Wir können beobachten wie die Griechen, Lateiner, Deutschen, Kelten und Slawen eine Figur des himmlischen Vater anstatt einer anderen akzeptierten. Dies war also eine Transformation die nicht die Struktur der Weltanschauung der indoeuropäischen Völker berührte. Wir haben es hier also mit einer Art Kontinuität zu tun.
Dies wurde in der Philosophie von einigen der ersten christlichen Märtyrer erklärt, wie zum Beispiel jener Clemens von Alexandrias oder Justin dem Märtyrer, welche besagten, dass es zwei Zweige der Tradition gibt (nicht nur der jüdischen Tradition vor dem Christentum.). Es gab auch die hellenische Tradition, die den zweiten Zweig darstellte und ebenso heilig war. Sowohl die jüdische, als auch die hellenische Tradition im Christentum wurden transformiert und aufgeklärt, in etwas korrekteres und wahreres, folgen wir Clemens von Alexandria und Justin dem Philosophen. Es gab also in den ersten Stufen der Ausarbeitung des Christentums zwei Quellen, nicht nur die jüdische, sondern auch die hellenische, indoeuropäische Quelle. Dies wurde zuallererst im christlichen Platonismus ausgedrückt. Der christliche Platonismus begann mit den Aposteln selbst. Denn im Johannesevangelium heißt es: „Am Anfang war das Wort.“ Am Anfang war der logos und der logos ist nicht nur das Wort, so wie wir es übersetzen würden. Der logos ist nicht nur das Wort. Er ist der Intellekt. Er ist der nous in einigen Aspekten. Er ist ein sehr kompliziertes Konzept der griechischen Philosophie. Die Tatsache, dass wir die Evangelien nur auf Griechisch kennen, deutet darauf hin dass sie vielleicht auf Griechisch verfasst und nicht aus dem Aramäischen übersetzt wurden, liegt daran, dass das Griechische die hellenistische koiné war, sie wurde in dieser Sprache in der Mittelmeerwelt verbreitet, weil das Christentum im Hellenismus geboren wurde, in einem hellenistischen Zusammenhang. Der Platonismus beginnt nicht mit der exegetischen Tradition, sondern mit den Aposteln selbst. Viele Aspekte der christlichen Traditionen gründeten von Anfang an auf griechischen Konzepten, da wir im Aramäischen und Hebräischen kein Äquivalent zum Wort „logos“ finden, also bereits ganz am Anfang unserer christlichen Lehre. „Am Anfang war der logos.“ Und wir kennen kein aramäisches oder semitisches Wort für ein solches Konzept. Somit standen am Anfang des Christentums und der christlichen Theologie der logos und die griechische Philosophie. Dieser wurde später von Justin dem Philosophen, Clemens von Alexandria und grundsätzlich der Alexandrinischen Schule mit dem großen Origenes entwickelt, der auch Platoniker war. Hier wurde das gesamte Gebäude der christlichen Theologie errichtet, mit der Heiligen Dreifaltigkeit, der Transzendenz des Schöpfers und so weiter. All das baute auf dem Platonismus auf, den Lehren Platons. Man sagt, dass Origenes der Schüler von Ammonius Saccas war. Alexandria war hellenistisch, nicht ägyptisch im traditionellen Sinn. Sie war eine griechisch-hellenistische Stadt. Und eben jener Ammonius Saccas war der erste Lehrer des Neoplatonismus, der sogenannten fünften Akademie. Er war der Gründungsvater der neoplatonischen Tradition und Origenes war sein Schüler. Wir haben es hier also mit rein platonischen Angliederung und Fortsetzung zu tun.
Wir haben bereits über das Verhältnis zwischen dem logos des Apoll und den Lehren Platons gesprochen. Sie sind beinahe deckungsgleich. Der Platonismus ist der beste und am meisten ausgereifte, exzellenteste und perfektionierte Ausdruck des logos des Apolls. Die Ausarbeitung des christlichen Dogmatismus reflektiert die kulturelle Kontinuität der vorchristlichen Tradition, denn der Apollinismus stand in ihrem Zentrum. Aber wir können in einigen christlichen Dogmen auch dionysische Merkmale bemerken. Zum Beispiel können wir in einigen Aspekten klar die himmlische Logik des Apoll zu Tage treten sehen, bei der Beschäftigung mit der Christologie können wir jedoch ein dionysisches Konzept erkennen. Christus ist Mensch und Gott. Dabei handelt es sich um einen dionysischen, einen dialektischen Aspekt. Es gibt zwei Naturen und eine Person in Christus. In der Heiligen Dreifaltigkeit haben wir sowohl eine Einheit als auch eine Dreiheit, genauso wie eine interne göttliche Dynamik. Und die Beziehungen zwischen der Schöpfung und dem Schöpfer ist ebenso dialektisch. Diese besteht nicht nur aus Ursache und Wirkung. Sie sind vermischt. Gott ist innerhalb der Schöpfung gegenwärtig und die Inkarnation von Christus ist nach der christlichen Doktrin der wichtigste Moment in der Schöpfungsgeschichte und genau dabei handelt es sich um das dionysische Element in der christlich-dogmatischen Lehre. Genauso wie Dionysos stirbt Christus, ersteht wieder von den Toten auf und steigt in die Hölle hinab, um die Ahnen zu befreien. Er steigt hinab, um wieder aufzusteigen, worauf die Himmelsfahrt im Rahmen der christlichen Feiertage und heiligen Ereignisse folgt. Er steht also wieder von den Toten auf und fährt in den Himmel auf, nachdem er 40 Tage bei den Aposteln geblieben ist. Das ist also ein rein dionysischer Zyklus. Er steigt vom Himmel auf die Erde hinab. Er stirbt und steigt hinab in das Zentrum der Hölle. Und danach befreit er die heiligen Seelen der Ahnen und jeder geht zur gemeinsamen Wiederauferstehung mit Christus zu Ostern, im Moment der Himmelsfahrt kehrt Christus in den Himmel zurück und herrscht als Sohn Gottes im Himmel. Dementsprechend ist jeder Aspekt dieses christlichen Narrativs rein dionysisch hinsichtlich Christus und rein apollinisch hinsichtlich der grundlegenden Struktur der Welt und aller in ihr stattfindenden Ereignisse.
Aber welche Art von dionysischer Logik finden wir hier vor? Wir haben bereits erwähnt, das in der indoeuropäischen Tradition der Punkt des Dionysos nicht exakt im Zentrum zwischen dem logos des Apoll und dem logos der Kybele liegt, er befindet sich vielmehr etwas über dieser Trennlinie. Es handelt sich dabei um die apollinische Lesart der Figur des Dionysos und in der Figur Christus wird dies absolut transparent und offensichtlich. Dementsprechend sind alle chthonischen, negativen oder dialektischen, nokturnalen Aspekte in der Figur Christus nicht präsent. Es handelt sich hierbei also um einen gereinigten, apollinischen Dionysos. Er ist rein und makellos, er trägt keine Sünde in sich. Und auch während er in die Hölle hinabsteigt um sie zu bezwingen, bleibt er immer noch Gott und absolut rein. Wir haben es hier mit den zwei normativen Figuren der klassischen indoeuropäischen Struktur zu tun. Dies ist die indoeuropäische Religion mitsamt der indoeuropäischen Theologie, welche im endgültigen Sieg des Patriarchats über den logos der Kybele besteht. Es gibt kein Anzeichen vom logos der Kybele in diesem Konzept. Die Heilige Jungfrau, die Mutter Gottes wird wiederum als Demeter repräsentiert, viel reiner also als eine irdische Figur. Hier sehen wir die komplette Reinigung der weiblichen Natur. Sie wird auch als Oberhaupt der Engel angesehen. Als Braut des Heiligen Geiste und damit Gottes blieben die Reinheit und Jungfräulichkeit der Heiligen Mutter erhalten, da sie ihren Ehemann nicht auf normale Art kannte. Daher ist die Verehrung der Heiligen Mutter, der himmlischen Jungfrau an deren Bild nichts chthonisch ist, alles ist rein indoeuropäisch,
Alle wichtigen Figuren des Christentums sind apollinisch und dionysisch im Sinne einer apollinischen Lesart des Dionysos. All diese Elemente waren bereits vor dem Christentum da und sie stammten nicht aus der semitischen Tradition. Sie stellten das Grundkonzept der hellenistischen Welt dar und begründeten das Bündnis zwischen dem logos des Apoll und dem logos des Dionysos. An der Peripherie des Hellenismus existierten einige chthonische Aspekte, aber sie waren nicht dominant, sondern als Überbleibsel der Kultur der Großen Mutter präsent. Im Christentum jedoch gab es solche Dinge nicht. Es war die reine Formel, die reine Fassung des indoeuropäischen logos, in all ihrer Brillanz wiederhergestellt und mit aller Kraft bestätigt. Und genau aus diesem Grund wurde das Christentum zur Tradition des europäischen Westens. In unseren Kulturen haben unsere Völker das Christentum bereits vor der Geburt Christi angenommen. Sie waren also bereit für diese Offenbarung etwas Neuen, das sich komplett von der Vergangenheit unterschied vorbereitet, aber es gab eine klare strukturelle Kontinuität. Der Existenzhorizont der indoeuropäischen Gesellschaft war derselbe, vorbereitet und bereit, die frohe Botschaft zu empfangen. Dies ist sehr wichtig, denn in anderen Zivilisationen ist es fast unmöglich zu erklären, was Christus ausmacht. Er ist eine universale Figur, aber eine universale Figur im Kontext des apollinischen logos. Wenn der apollinische und der dionysische logos in anderen Zivilisationen gegenwärtig sind, können sie das Christentum verstehen, aber das ist nicht immer der Fall und wir müssen einer ernsthaften Aufgabe nachgehen, um andere Kulturen und Existenzhorizonte auf das Christentum vorzubereiten. Und im hellenistischen Existenzhorizont war alles darauf vorbereitet das Christentum zu empfangen. Dies zu betonen ist sehr wichtig.
Das Christentum ist nicht erst seit 2000 Jahren unsere neue Tradition, sondern eine Fortsetzung der alten indoeuropäischen Tradition. Diese Struktur mit Triaden, der Dreifaltigkeit und allem anderen war bereits vorbereitet. Vielleicht nicht zur Gänze, weil mit jeder Reform der Religion, Mythologie, Tradition und der Kirche neue Elemente dazukamen, aber nichtsdestotrotz blieb die Essenz die selbe. Die Kommunion ist zum Beispiel der Moment wenn der Wein zum Blut Gottes und das Brot zum Leib Gottes wird. Hier erkennen wir in Demeter und Dionysos die Präfiguration der Kommunion. Ebenso erkennen wir darin die Präfiguration Christus im Alten Testament, welche vollkommen legitim ist. Wie wir aber bei Justin dem Philosophen, Clemens von Alexandria oder Origenes können wir eine Präfiguration der christlichen Mysterien in den griechischen Mysterien sehen, nicht genau das selbe, aber eine Präfiguration eine Vorwegnahme der Bilder des Christentums. Und wir finden hier auch dieselbe trifunktionale Tradition wie im Christentum vor. Es gibt Priester und Patriarchen, Könige und Krieger sowie auch Bauern. Wir finden in der christlichen Gesellschaft also alle drei indoeuropäischen Funktionen vor. Und diese Struktur der Gesellschaft blieb bis zum Beginn der Moderne in ihrer reinen Form erhalten, je nach Sichtweise bis zum Ende des Mittelalters oder sogar der Renaissance. Es existiert also auch in der sozialen Struktur eine Kontinuität. Und es existiert eine Kontinuität im Reich. Es gibt eine Kontinuität in den Riten und der Praxis der Anbetung. Strukturell gesehen können wir also von einer Einheit und Fortsetzung zwischen dem vorchristlichen indoeuropäischen Existenzhorizont und dem christlichen Existenzhorizont sprechen. Das ist sehr wichtig.
Zur gleichen Zeit können wir im frühen Christentum aber auch zwei sehr gegensätzliche Zentren bei der Ausarbeitung der christlichen Doktrin erkennen. Hier finden wir einerseits die Alexandrinische Schule und die andererseits die Antiochenische Schule vor. Normalerweise sagt man, dass sich jeder über die philosophische und metaphysische Qualität der Alexandrinischen Schule einig ist, welche vom Apostel Markus gegründet und von Clemens von Alexandria und Origenes weitergeführt wurde. Die Tradition des Origenismus kam danach zu den Kappadokiern über den Heiligen Basilius den Großen, den Heiligen Gregor und den anderen. Dies war das Dogma, welches in den ersten drei Ökumenischen Konzilien angenommen wurde. Es stellte einen Sieg der Alexandrinischen Schule dar und seine konzeptuelle Achse bestand aus dem Neoplatonismus in einer anderen Form. Den Höhepunkt des christlichen Neoplatonismus finden wir in Dionysos Areopagita und seinen Werken. Das ist der reine christliche Platonismus. Die Erschaffung der neun Chöre der übernatürlichen Engel, Mächte und aller christlichen Mysterien wurde durch diesen platonischen Symbolismus erklärt. Es gibt also eine alexandrinische Tradition und sie ist Teil der christlichen Lehre.
Und dann gibt es die Antiochenische Schule, welche viele Häresien hervorbrachte (wie die Arianer, Nestorianer und andere) die sich in Gegnerschaft zur Alexandrinischen Schule befand. Und man sagt, dass sie von einer Art semitischen Geist erfüllt war, der sich gegen den griechischen oder indoeuropäischen Geist stellte. Die Alexandrinische Tradition gründete auf einer symbolisch-allegorischen Lesart des Alten und Neuen Testaments, die kennzeichnend für den Platonismus ist. Platos Lehre betrachtete alles das existiert als Symbole der Ideen. Alles sollte als symbolischer Text gelesen werden. Jedes Ding, jedes Ereignis, jede Person sollte als Ikone betrachtet werden, als ein Bild eines Paradigmas (Hieraus ergibt sich die symbolisch-allegorische Lesart der Alexandrinischen Schule von jedem heiligen Text.). Das ist komplett normal. Und man sagt, dass im Fall der Antiochenischen Schule ein ganz anderer Zugang angewandt wurde: Die buchstäbliche Lesart. Man vertrat ebenfalls die Meinung das sie semitisch ist weil sie nicht so sehr griechisch-platonisch, sondern historisch war. Das war die Geschichte und wird manchmal als jüdisch-christliche Lesart des Christentums bezeichnet. Und die Alexandrinische Schule können wir hingegen als indoeuropäische oder griechisch-hellenistische Lesart des Christentums bezeichnen. Dieselbe Meinung vertrat auch ich bevor ich damit begann, mich näher mit ihr zu beschäftigen. Weil die Antiochenische Schule sich in Antiochia, Syrien befand, wo der Großteil der Bevölkerung semitisch war, betrachtete man die Schule als semitisch. Als ich aber damit begann die Antiochenische Schule zu studieren und das Phänomen des der Alexandrinischen Schule entgegengesetzten Judäo-Christentums und nachdem ich das Buch über den semitischen Logos verfasst habe (Ich habe einen Band der Noomachie dem semitischen Logos gewidmet), habe ich herausgefunden, dass dem nicht so ist.
Der semitische Logos ist ganz anders. Er gründet auf dem Titanismus des Baals in der vorjüdischen Tradition. Es gab eine sehr patriarchalische Fassung der ostsemitischen Tradition bei den Akkadiern und Assyrern in Babylonien welche der hethitischen und späteren iranischen Tradition ähnlich war. Und dann gab es die jüdische Tradition die gewissermaßen antisemitisch war, weil sich der jüdische Logos (im Sinne des traditionellen Judentums) gegen alle Völker richtete, die in Kanaan lebten (größtenteils Semiten) mit dem Kult des Baal, einer titanischen Gottheit die Blutopfer von Kindern forderte. Genau diese wurden vom Judentum absolut abgelehnt, ohne aber irgendetwas besonderes anzunehmen. Es war eine Art Gegenidentität. Die antisemitischste Tradition ist also geschichtlich gesehen das Judentum, weil es im Gegensatz zu jeglichem semitischen Kulturhorizont Kanaans stand. Es war also in jeder Hinsicht antikanaanitisch. Die Juden verurteilten also alle Menschen um sie herum, weil sie Anhänger des Baalkultes waren. Darüber hinaus standen sie in der frühen Phase der jüdischen Tradition diesem in einer sehr besonderen Art und Weise entgegen. Wir können dieses Sache den „alten Gott“ nennen, weil Baal von den semitischen Völkern als „neuer Gott“ betrachtet wurde, als eine Art niederer Gott, der nicht den ihm angestammten Platz bekommen hat und deswegen einen Aufstand gegen den „alten Gott“ vom Zaun gerissen hat. Daher standen die meisten semitischen Traditionen, insbesondere die westsemitischen Traditionen auf der Seite des neuen Gottes Baal, der einige titanisch-dionysische Aspekte hatte. Dies war der schwarze Zwilling des Dionysos, über den wir bereits gesprochen haben. Die jüdische Tradition hingegen sprach sich gegen den neuen Gott, gegen Baal, aus und für den alten Gott der von Baal entthront worden war. Beide hatten aber nichts mit dem Christentum zu tun, weder Baal noch der alte Gott. Das Christentum war etwas komplett anderes.
In der Antiochenischen Schule konnte ich dieses innersemitische Drama der Westsemiten nicht vorfinden (Zwischen Assyrern, Aramäern (Nicht-Juden) und der jüdischen Tradition), dafür stieß ich auf etwas ganz anderes. Hier entdeckte ich den Iranismus in seiner reinen Form. Es handelt sich bei dieser Schule also um eine Fortsetzung der iranistischen Tradition. Wenn wir das späte Judentum betrachten, das Judentum nach der Babylonischen Gefangenschaft (das sogenannte Judentum des Zweiten Tempels) können wir darin mit Leichtigkeit iranische Themen ausmachen. Es war eine Art originär jüdische Tradition, die im zoroastrisch-iranischen Zusammenhang umgewandelt worden war. Von daher kommen das Konzept des Messias, welches im frühen Judentum nicht vorhanden war, ebenso wie die Geschichte, die Erlösung und die Wiederauferstehung. All dies taucht während der Babylonischen Gefangenschaft auf, in der letzten Phase, im Judaismus des Zweiten Tempels. Das späte Judentum war eine iranisierte Form des Judentums und nicht so semitisch im jüdischen (ursprünglich jüdischen) und nichtjüdischen (andere semitische Völker) Sinn. Dies zu berücksichtigen ist von großer Wichtigkeit. Und die Antiochenische Tradition war auch viel dualistischer und iranistischer (nicht nur iranisch, sondern iranistisch) weil die Semiten, auch nach dem Achämenidenreich, wie auch während des Hellenismus unter dem großen Einfluss des iranischen logos lebten. Und dieser Dualismus (der später zum Manichäismus wurde) hatte alle möglichen messianischen Tendenzen und war dem Christentum sehr ähnlich. Das war die logische Konsequenz aus dem Konzept des Kriegs des Lichts und dem Erscheinen der Figur des letzten Königs und Retters in der Endzeit. All das ist in unseren Augen komplett christlich oder jüdisch (im späten Judentum) aber nur in der iranischen Tradition erhält all das seine wahre metaphysische und strukturelle Bedeutung. Die gesamte iranische Metaphysik erklärt warum (wegen der Geschichte, dem Krieg zwischen Licht und Dunkelheit.) Die antiochenische Tradition war also eine iranistische Schule.
Im Christentum finden wir eine Welt vor die sich zwischen dem griechischen Advaita, nicht-dualistischen Platonismus (im Falle der Alexandrinischen Schule, welche wir als überwiegend griechisch und platonisch bezeichnen können.) und einer iranistischen, dualistischen, geschichtlichen Fassung von ihr befindet, welche nicht so sehr symbolisch, sondern geschichtlich im Sinne des Messianismus ist. Aber der Messianismus ist nicht jüdisch, sondern iranisch im metaphysischen Sinne. Wir finden hier also eine neue Ebene in der Diskussion zwischen zwei logoi vor, welche beide indoeuropäisch, vertikal und patriarchal sind, aber in verschiedenen Fassungen. Dies war also kein Dialog zwischen Judentum und Hellenismus. Der Dialog fand zwischen einem griechisch dominierten Hellenismus und einem iranisch dominierten Iranismus statt. All das war ein Teil des Christentums. Im Christentum und der christlichen Doktrin finden wir zwei Pole vor. Wir können platonischer oder iranistischer und messianischer sein. Und das Judenchristentum besitzt keinen jüdischen Geist. Es ist der iranische Geist. Das Judenchristentum ist die iranistische Lesart des Christentums.
Das definiert die gesamte Geschichte der christlichen Dogmenkonzile. Von den ersten sieben Konzilen waren die ersten drei Siege diejenigen der Alexandrinischen Schule über die Antiochenische Schule. Über Arius siegten sie im ersten Konzil, über Nestorius danach, dies bedeutete die Niederlage der antiochenischen Tradition welche eher einer dualistischen Fassung zugeneigt war. Aus diesem Grund wurde Christus nicht als Gott betrachtet. Er wurde als Heiliger, als Prophet, als Erlöser angesehen, aber nicht als Gott, weil es einen Unterschied, einen Gegensatz zwischen der materiellen Welt und der geistigen Welt gibt. Es gibt hier also einen Dualismus, Nestorianismus und den Arianismus, der in der antiochenisch-iranistischen Schule entwickelt wurde der geistige Monismus hingegen wurde in der Alexandrinischen Schule entwickelt. Beide Schulen brachten häretische Versionen hervor, welche sich außerhalb des Dogmas der christlichen Orthodoxie befanden. Die Antiochenische Schule brachte den Arianismus und Nestorianismus hervor, welche als Häresien betrachtet wurden. Aber auch die Radikalität des alexandrinischen Platonismus brachte ein Äußerstes hervor, nämlich die monophysitische Häresie, welche von den Schülern Kyrills von Alexandrien, Eutyches und anderen repräsentiert wurde. Daher war die monophysitische Häresie eine Art rein exzessiver Platonismus (der griechischen Fassung) und exzessiver Iranismus (in der nestorianischen Fassung). Vom legitimen orthodoxen Standpunkt aus handelte es sich bei ihnen um häretische Extreme. Die anderen Teile der Alexandrinischen Schule mit den Kappadokiern (Basilius der Großen, der Heilige Georg und die anderen kappadokischen Lehrer) und der andere Teil der Antiochenischen Schule (der Heilige Johannes Chrysostomos war ein Vertreter der Antiochenischen Schule) wurden als absolut orthodox betrachtet. Es gab also von beiden sowohl häretische als auch komplett orthodoxe Fassungen.
Und wenn man davon spricht, dass unter Justinian der Platonismus und Origenismus beschuldigt (was eine Tatsache ist) wurden, Häresien zu sein, so betraf dies nur die radikalen Vertreter des Platonismus. Zum Beispiel betraf dies nicht die Lehren des Heiligen Basilius des Großen oder Dionysos Areopagita welche als orthodoxe Autoritäten akzeptiert wurden. Die Exkommunikation des Nestorius betraf nicht Johannes Chrysostomos, der innerhalb der Orthodoxen Kirche als einer der Orthodoxesten angesehen wurde und zugleich ein geschichtlicher (nicht symbolischer) Vertreter der iranischen, iranistischen Fassung der christlichen Doktrin angesehen wurde.
Während die ersten drei Konzile Siege der Alexandrinischen Schule darstellten, waren die zweiten Drei eine Revanche der Antiochenischen Schule. Nach dem Ende der reinen Antiochenischen Schule wurde die Antiochenische Schule zerstört und besiegt, aber die Tendenz die alexandrinisch-neoplatonische Version zu mäßigen bestand fort. Und so waren die nächsten Drei (das vierte, fünfte und sechste ökumenische Konzil) eine Art Sieg des antiochenischen Geistes weil sie eine Abschwächung der Ansprüche der radikalsten Vertreter der Alexandrinischen Schule darstellten. Dies stellte sowohl ein Gleichgewicht als auch eine Art Sieg des Hellenismus dar (aber dieses mal des christlichen Hellenismus) in dem die beiden Formen, iranisch und hellenistisch, geschichtlich und nicht-dualistisch sowie symbolisch, allesamt im Zusammenhang des orthodoxen Dogmas vereint wurden. Das siebente Ökumenische Konzil war nicht so bedeutend, was die Metaphysik anging, denn es handelte vom Ikonoklasmus (Der auch mit diesem Konflikt in Beziehung stand, aber nicht direkt damit zu tun hatte).
Wir haben also im Christentum eine Fortsetzung des mediterran-hellenistischen Existenzhorizonts mit zwei Polen (iranistisch und griechisch) vorliegen. Und dieses stellte eine Art neue Form oder neue Ideologie des traditionellen indoeuropäischen Horizonts dar. Wir können sagen, dass es einen Unterschied betreffend der Frau im Christentum gab. Wir sehen zwei Zugänge, die sehr gut der indoeuropäischen Gesellschaft entsprechen. Auf der einen Seite gibt es eine „Anelygenie“ wie ich es nenne. Hier wird die Würde der Frau zur Gänze anerkannt und es gibt eine Art spiritueller Gleichheit zwischen Mann und Frau in Christus. Hierzu gibt es den Ausspruch des Heiligen Paulus „da ist nicht Mann und Frau. Denn ihr seid alle eins in Christus Jesus“. Diese Aussage stellt eine Anerkennung der Würde der Seele der Frau dar, welcher der Seele des Manns gleichgesetzt wird. Wir haben es hier also mit einer Art von Partnerschaft, Freundschaft, der traditionellen turanischen Freundschaft zwischen dem weiblichen Krieger und dem männlichen Krieger im Rahmen der Verteidigung der Identität zu tun. Sie bedeutet die Vereinigung weiblicher Krieger und männlicher Krieger als Krieger Christi, die spirituelle Gleichheit der Seelen. Zur selben Zeit gab es eine zweite Beziehungskonstellation zwischen dem Mann und der Frau, welche die Ankunft der nomadischen Indoeuropäer und ihre Unterwerfung der matriarchalen Gesellschaft widerspiegelte – in einer Art Unterwerfung der Frau unter den Mann. Dies drückt sich auch in anderen Aussprüchen des Heiligen Paulus aus, der zum Beispiel meinte, dass Frauen nicht in der Kirche lehren können, Frauen sich dem Ehemann unterwerfen sollen und anderen Aussagen. Das bedeutet Hierarchie und Gleichheit, beide Fassungen der Geschlechterarchetypen, die traditionell für die indoeuropäische Gesellschaft in ihren historischen Beziehungen zur matriarchalen Gesellschaft sind. Hier gibt es einerseits eine Art hierarchische Unterwerfung und andererseits eine Art von Freundschaft und Gleichheit sowie geistiger Würde. Das ist gewissermaßen die beste Lösung, eine organischere und natürlichere Lösung für die konkrete historische Gesellschaft mit der wir uns beschäftigen (keine Lösung im abstrakten Sinne). In unserer Tradition, so wie diese Horizonte, geistige und kulturelle Räume und Zivilisationen geschaffen wurde, war dies die beste Lösung die sowohl die Nachfrage nach Hierarchie als auch Gleichheit auf eine sehr konkrete Art zufrieden stellte. All das spiegelte sich in der christlichen Tradition wieder. Das war nichts selbstverständliches. So wie der Platonismus eine Reflexion oder Ausdruck dieses logos des Apoll, der christlichen Tradition darstellt, so war die christliche Tradition auch eine ausgezeichnete und vollendete Reflexion dieses apollinischen, dionysischen Stils der Zivilisation. Aus diesem Grund sind wir Christen. Wir sind nicht dazu verpflichtet zu sein. Wir haben es als etwas angenommen, dass wir bereits zuvor kannten. Es stellt die Erinnerung unserer Identität dar. Das ist die Identität der christlichen Tradition, welche vom Volk im mediterran-hellenistischen Zusammenhang anerkannt wurde, weil sie die Fortsetzung der selben Beziehungen auf die bestmögliche Art darstellte.
Gleichzeitig sehen wir eine Kontinuität in Bezug auf das Reich, da das Christentum die Staatsreligion und -ideologie des Reiches unter Konstantin dem Großen geworden war. In diesem Zusammenhang wurde ein sehr wichtiges Konzept in dieser Zeit, das iranischen Ursprungs war, entwickelt, nämlich das Konzept des Katehon (der griechische Ausdruck für „der der unterstützt“. (Katehon ist das Partizip des griechischen Wortes κάτω έχουν. κάτω bedeutet unter, έχουν bedeutet zu haben.) Diese Figur erscheint im zweiten Apostelbrief des Heiligen Paulus an die Thessaloniker in der konkreten Phrase: „Der Sohn der Verdammnis, der Antichrist wird nicht kommen solange der Katehon (derjenige der unterstützt, der erhält) nicht aus dem Weg geräumt wurde.“ Hier haben wir es mit einer rätselhaften Phrase zu tun. Es gibt also eine Figur, die sich dem Erscheinen des Antichristen widersetzt. Weil es eine historische Sicht des Christentums gibt, eine messianische Sicht des Christentums, die nicht die platonische Sicht der Ewigkeit der Welt reflektiert, sondern die Dialektik der Geschichte, die iranisch ist. Dort erscheint eine Figur, die gegen den Antichristen kämpft und diese Figur ist die Schlüsselfigur in der iranischen geschichtlichen Sequenz, im iranischen logos. Sie wird in der iranischen Tradition durch den heiligen Kaiser vertreten. Im Iran gibt es das iranische Königreich und den heiligen König dieses Königreiches, der gegen die Mächte der Finsternis ankämpft und sie daran hindert in der Welt einzufallen. Dies ist eine rein iranische Figur die nicht im griechischen Konzept existierte. In der griechischen Idee gab es keine solche Figur. Aber in der römischen Ideologie, im Römischen Reich taucht etwas ähnliches auf, das nicht klar definiert ist unter dem Einfluss des Iranischen, weil der Iranismus Teil des Hellenismus war und der Hellenismus die prägende Kultur des Römischen Reiches gewesen ist. Dieses war ein lateinisches Reich, das auf der hellenistischen Kultur gründete, über die wir bereits gesprochen haben. Wichtig ist hier, dass diese Figur vom Heiligen Paulus im zweiten Brief an die Thessalonicher erwähnt wurde und eindeutig vom Heiligen Johannes Chrysostomos identifiziert wurde (der ebenfalls als Repräsentant des iranistischen Zweiges der christlichen Theologie, genauer gesagt der Antiochenischen Schule ist.), aber es ist klar, dass man auch vor ihm diese Figur mit dem Römischen Kaiser identifizierte.
Der Katehon war also der Römische Kaiser, der König des Reiches. Und die Theologie des Reiches stand in Verbindung zur Eschatologie – dem Ende der Zeit, der Wiederauferstehung und der endgültigen Apostasie. Die gesamte zyklisch-geschichtliche Auffassung der christlichen Kirche gründete auf dieser Figur (insbesondere in Byzanz, aber nicht nur in Byzanz.). Im Byzantinischen Reich stellte dies die dogmatische Ideologie der Byzantiner dar. Im byzantinischen Existenzraum und in der byzantinischen Kultur war der Katehon nicht nur der Kaiser, sondern ein christlicher Kaiser. Er wurde als eine Art Bischof der Kirche betrachtet. Dabei war er die Schlüsselfigur des Heiligen Königs der die Ankunft des Antichristen bekämpft. Und in diesem Kampf stand er an der Seite des Patriarchen. Beide bildeten zusammen eine Art Symphonie (der Begriff stammt aus der christlich-orthodoxen Tradition), die Symphonie der Mächte. Diese gründete auf dem Bündnis zwischen dem Patriarchen (dem Vertreter der geistlichen Autorität) und dem Kaiser (der kein gewöhnlicher König, Fürst oder Prinz ist). Der Kaiser war kein rein säkularer Herrscher, sondern die heilige Figur des Katehon. Er war an den geschichtlichen Zyklus gebunden wo es ein Reich mit einem Kaiser als Oberhaupt gab. Hier gibt es keinen Antichristen, wir leben in der Welt von Christus. Das Reich erhält also mit dem Kaiser eine neue Dimension. Es ist nicht nur eine politische Organisation. Es ist eine heilige Organisation die christlich, gleichzeitig apollinisch und dionysisch ist, sie stellt eine Organisation der politischen Realität dar als kosmische Realität. Sie ist so geartet, weil der Antichrist, der Sohn der Verdammnis wie bereits beim Heiligen Paulus erwähnt, nicht nur eine historische Person ist. Er ist eine Manifestation der Dunkelheit in ihrer kosmischen, politischen, geschichtlichen und metaphysischen Form. Der Dualismus besteht nicht im Kampf Christus gegen den Antichristen. Diese Sichtweise ist komplett künstlich und nicht der Fall. Christus ist Gott und wurde als Gott betrachtet. Man kann ihn daher nicht auf dieselbe Ebene wie den Antichristen stellen, jedoch befand sich der Kaiser in einem symmetrischen Verhältnis zum Antichristen. Der christliche Kaiser war das Hindernis, der Widerstand und die symbolische Figur, die die christliche Welt vereinte und ihr ihre vertikale Achse gab. Er stellte eine sehr wichtige Figur dar, die dieselbe vorchristliche Tradition fortsetzte.
In der christlichen Situation jedoch bildeten Reich, Kirche, Theologie, Patriarchat, dogmatische Tradition, Orthodoxie und all diese Formen die christlich-orthodoxe Ideologie als eine neue Form all dieser Elemente, die zuvor existierten, die vor dem Christentum existierten. Dies ist von großer Wichtigkeit, denn wenn wir all diese Elemente der Vertikalität zusammensetzen, die dionysische Natur Christus, den historischen Messianismus des Iranismus und die Figur des heiligen Kaisers, haben wir die gesamte Lehre vor uns, die nicht die neue Lehre des Christentums widerspiegelt, sondern den ewigen Moment der Noomachie der indoeuropäischen Gesellschaft. Zu dieser Zeit war es die Figur Satans, die die chthonischen Kräfte der Hure von Babylon repräsentierte, die scharlachrote Frau bildet die Große Mutter in diesem Kontext ab. Das ist die Figur der Kybele – wir sollten im Hinterkopf behalten, dass diese babylonische Konzeption nahe an der anatolischen Vorstellung war. Symbolisch finden wir all diese Logoi im christlichen Kontext. Es gibt hier die Scharlachrote Frau (das große Babel, die babylonische Hure), welche eine Art Figur des logos der Kybele war. Es gibt den Satan und den Antichristen, welche eine Repräsentation des Satans als „Titan“ darstellen. In einigen christlichen Texten wurden beide Namen, sowohl „Titan“ als auch „Satan“, welche man als sehr ähnlich betrachtete, benutzt. Er wird als eine Schlange oder ein Drache dargestellt, ein Drache der traditionell der Gemahl der Großen Mutter ist. Sie versuchen also, das christliche Reich zu stürzen welches unter der Gewalt der geistlichen Figuren des Patriarchen oder des Bischofs und des heiligen Königs oder Kaisers steht. Dies war die Reorganisation des indoeuropäischen Existenzraumes in christlicher Zeit.
Wir haben also eine neue Ideologie (die christliche Ideologie), eine neue Religion (die christliche Religion) und eine sehr alte Tradition, die in ihr widergespiegelt wird. Das Christentum war also auf dem Sieg über Satan aufgebaut. Satan war für einige Zeit angekettet gewesen und wurde durch das Reich in Schach gehalten. Die Figur des Zarenreiches, des Königreiches, die Figur des Zaren und des heiligen Königs stellten eine Art Siegel (печат) dar, welches den Sieg der christlichen Kirche über Satan und die kybelische Welt verkörperte. Diese Situation wurde durch den König versiegelt, der König war also selbst das Siegel. Wenn wir das Siegel zerbrechen, werden Satan und die Titanen befreit sowie alles zerstört. Es ereignet sich eine Eruption, ein Ausbruch der Hölle, weil das christliche Königreich, die christliche Zivilisation und die christliche Gesellschaft auf dem Gefängnis des Satans und den Schultern der chthonischen Titanen errichtet worden waren. Diese wurden vom logos des Apoll unterworfen und kontrolliert, indem es sie in der Hölle angekettet hatte, jedoch blieben sie weiterhin am Leben. Wenn der König oder der Kaiser jedoch zu schwach werden (ein Thema in den klassischen iranischen Sagen), können sie sich nicht der Ankunft des Antichristen widersetzen, der Antichrist wird erscheinen und Satan wird sich selbst aus der Hölle befreien um sich unter die Gesellschaft der Menschen zu mischen. Darauf folgt die Explosion der Unterwelt und eine Art Rückkehr der Kybele auf dem Rücken eines Drachens als scharlachrote Frau, als babylonische Hure mit der Schlange, die das Königreich und die Kirche zerstören und eine komplett neue Zivilisation, die einer anderen Existenzebene angehört, schaffen soll.
Das alles war und ist die normale Weltanschauung der christlichen Orthodoxie. Sie wurde am stärksten in der Ostkirche bewahrt. In der byzantinischen Tradition in der Orthodoxie ist das alles noch immer gegenwärtig. Wenn wir also zum Berg Athos gehen und mit den Mönchen sprechen (für Männer ist es möglich dorthin zu gehen, für Frauen nicht) können wir Menschen mit genau diesem Bewusstsein finden. Sie werden genau das wiederholen, was ich heute gesagt habe und das ist die normative Weltanschauung der Orthodoxie. Die Bedeutung des Katehon, die Bedeutung des Heiligen Römischen Reiches, das Konzept der Kirche, Gottes und der Würde des Menschen, ein Kampf gegen das Böse, gegen Satan, gegen die Dämonen. Was die Mönche am Berg Athos normalerweise tun, ist zu kämpfen. Sie kämpfen Tag und Nacht gegen die Dämonen. Sie befinden sich in einem Kampf und das ist etwas sehr konkretes. Wenn wir die Schriften des Paisios vom Berg Athos lesen, sehen wir, dass dieser Kampf auch physische Dimensionen annimmt. Es ist ein physischer Kampf, ein Ringen mit den Mächten der Dunkelheit. Er wird am Berg Athos noch immer fortgesetzt. Und er setzt sich auch in der Politik fort, wie wir später sehen werden. Es ist jedoch wichtig, dass wir eine vollständige Sicht der Welt besitzen mit allen Aspekten normativer Gesetze und Beziehungen zwischen dem Mensch und der Natur, politischen Gesetzen, sozialen Gesetzen, aufbauend auf der christlichen Lehre. Die christliche Lehre besteht also nicht nur aus der Kirche, nicht nur aus dem Kult und dem Gottesdienst. Sie ist eine Weltanschauung. Sie schließt normative politische Ideen ein. Sie umfasst eine Art Monarchismus, der in ihrem Inneren eingebettet ist. Sie können normalerweise nicht Demokrat und Christ sein. In diesem Zusammenhang sollten Sie die Validität der Lehren vom Katehon anerkennen. Es handelt sich dabei um keine Präferenz oder politische Meinung, die Sie ausgehend von Ihrer eigenen Position formen könnten. Es ist der orthodoxe Standpunkt und damit in gewisser Weise obligatorisch. Das sind die indoeuropäischen Wurzeln des Christentums. Und auch wir haben Normen, soziale Beziehungen, Genderbeziehungen, Familienbeziehungen, die normativ und christlich sind und eine komplette Weltanschauung widerspiegeln. Das Christentum ist also viel mehr als Kult, Gottesdienst und Kirche. Wir können also sagen, dass es eine Ideologie ist oder die indoeuropäische Weltanschauung in einer neuen und aktuellen Form die bis heute andauert. Wenn wir damals eine christliche Kirche mit normalen traditionellen Priestern, einer Gemeinde und normalen Menschen hatten, haben wir das auch heute noch. Das ist heute in Russland, am Berg Athos, in Serbien, Bulgarien, Mazedonien, Rumänien, in der Ukraine und Griechenland der Fall, wo wir eine traditionelle Orthodoxie haben, dort teilen wir dieselbe Weltsicht, Kultur und Zivilisation.
Dies war auch in der lateinischen Kirche der Fall, aber mit einer viel stärkeren Betonung der geistlichen Autorität über den Kaiser. Aber hier fand nach Karl dem Großen auch in unseren Augen eine Usurpation der Identität und des Status des sakralen Kaisers durch Karl den Großen statt. Und dies führte zu einer in der katholischen Tradition zwischen Kaiser und Papst in Rom. Die dominierende Tendenz im Katholizismus war jedoch viel mehr der Gegensatz zwischen den zwei Königreichen wie sie vom Heiligen Augustinius formuliert wurde, der Manichäer war. Sie drückte sich auch in der Idee aus, dass der Papst in Rom die geistliche Vertikale repräsentiert. Auch hier haben wir es mit einem indoeuropäischen Konzept zu tun. Die Vertikalität wurde in diesem Fall von Rom repräsentiert und die Könige waren nicht sakral, sondern die Idee bestand darin, dass der heilige Papst in Rom über die rein säkularen Könige herrschen sollte. Aber durch die Usurpation, welche in unseren Augen durch Karl den Großen stattgefunden hat, wurde auch die Figur des Kaisers sakral. Dies spiegelte sich in der ghibellinischen Tradition wieder, wie wir am Kampf der Guelphen gegen die Ghibellinen in der westlichen Geschichte beobachten konnten. Es gab also auch für die Lateiner einen Katehon. Diese katehonische westchristliche Tradition hielt bis zu den Habsburgern und dem österreichischen Kaiserreich. Die Kaiser aus dem Hause Habsburg waren also Erben dieser katehonischen Funktion. Das war also das österreichische Reich in seiner katholischen Fassung.
Wir haben den Status Karls des Großen nicht anerkannt. Denn zu dieser Zeit hatten wir die byzantinische Kaiserin Irene. Und in genau diesem Moment machten die Katholiken ihren antifeministischen Zug. Sie gingen davon aus, dass Frauen kein heiliges Reich regieren könnten und aus diesem Grund haben sie sich den Kaisertitel im Fall Karl des Großen angeeignet. Aber wir sprechen nicht darüber, wer recht hatte. Wir sprechen darüber, wie genau das alles strukturiert war und funktionierte. Dieses Konzept des heiligen Kaisers wurde vom Beginn des neunten Jahrhunderts an in der kaiserlichen Tradition des Frankenkönigs garantiert. Danach waren es die Habsburger und das österreichische Reich, welches diese westliche Tradition des Katehon bis zu ihrem Ende aufrecht erhielt. Das war eine Art Linie des Kaisers. Sie wurde von den Päpsten der Römer nicht wirklich akzeptiert, aber es ist interessant, dass sie nichtsdestotrotz von den Katholiken und den Guelphen ebenfalls akzeptiert wurde (ohne das eine solche Interpretation im Fall der Ghibellinen bestand). Die Guelphen anerkannten in ihrer Tradition (Parteigänger der absoluten Macht des Papstes von Rom über die säkularen Könige Westeuropas) den Status des Kaisers als katehonische Figur an, vielleicht nicht in aller Deutlichkeit, aber sie erkannten ihn an. Es ist hierbei sehr interessant, dass auch die Westkirche den Katehon anerkannte.
Wir hatten also zwei Versionen der christlichen Zivilisation – einerseits die östliche, welche näher an der Originalfassung ist und alle Proportionen bis heute konserviert hat und andererseits die katholische Westkirche, die von dieser abwich. Im Fall der Ostkirche haben wir es mit einer ununterbrochenen Tradition dieses indoeuropäischen Erbes bis zum Christentum über den Hellenismus zu tun, wie ich es erklärt habe und es in den sieben Ökumenischen Konzilen festgelegt wurde. Und da war noch viel mehr. Ich würde sagen, im Gegensatz zur westchristlichen Tradition aber in denselben Grenzen. Und doch bewahrte all das der Katholizismus bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Danach begann der Zusammenbruch des westlichen Christentums. Aber nichtsdestotrotz war dies eine Art Fortsetzung der Tradition. Dabei bildeten der Katholizismus und das Österreichische Reich zwei Kräfte des christlichen Konservatismus dieser mittelalterlichen Tradition in Westeuropa.
Der Kollaps kam mit dem Protestantismus, der die dritte Form des Christentums bildete, die jedoch nur die westliche Christenheit betraf. Um über den Protestantismus nachdenken zu können, diesen dritten Zweig des Christentums, dürfen wir uns nicht in den Zusammenhang der Auseinandersetzung zwischen Orthodoxen und Katholiken denken, sondern in einen anderen Kontext, der die Orthodoxie aus dem Bild nimmt, da sie an diesem Konflikt nicht teilnahm. Es ist aufschlussreich, dass wir in den Ursprüngen des Protestantismus viele richtige Ideen finden können. Zunächst ist es die Idee, dass die römische Kirche total korrupt ist und die Beziehungen zwischen dem Menschen und Christus unrechtmäßig übernommen hat. Dies drückte sich schon im Konzept der Kirche im Katholizismus aus. Für den Katholiken ist die Kirche die Gemeinschaft der Priester. Und was sind aber die anderen Christen? Sie sind quasi nur Fastchristen. Sie waren eine Art äußerer Kreis um die Kirche herum und nicht innerhalb der Kirche. Das ist sehr wichtig, nicht zuletzt ist es für unser dogmatisch orthodoxes Verständnis dessen was Kirche ist fremd, weil für uns Kirche die Gemeinschaft aller getauften Menschen ist. Nicht nur die Gemeinschaft der Priester, sondern aller getauften Christen. Die katholische Tradition hingegen war ganz anders. Hier gab es eine Hierarchie im spirituellen Sinne. Diese Hierarchie unterbrach die direkten Beziehungen zwischen dem Menschen, also dem gewöhnlichen Christen mit Gott, die nun stattdessen über Priester und den Papst in Rom laufen sollten. Dabei handelte es sich um eine Art vermittelndes Hindernis. Vielleicht war dies notwendig, vielleicht aber auch nicht. Wir sind hier nicht, um darüber zu sprechen ob es gut oder schlecht war, sondern um es strukturell zu verstehen und zu beschreiben. Aber nichtsdestotrotz war dies eine Art Unterbrechung in den Beziehungen zwischen dem Menschen und Gott.
Die frühen Protestanten und insbesondere die deutschen Mystiker (Meister Eckhart, Heinrich Seuse und zu einem geringeren Grad Albertus Magnus) nahmen an, dass es eine innere Beziehung zwischen dem Herzen des Menschen mit Christus gibt. Sie soll nicht über äußere Vermittler verlaufen. Für uns in der orthodoxen Tradition ist das kein Problem, weil wir beides kennen. Wir erkennen die Autorität der Kirche zur Gänze an und ebenso diese direkte Beziehung zu Christus, weil wir ein ganz anderes Konzept davon haben, was Kirche ist. Für uns konnte dieses Problem nicht existieren, weil wir es nicht verstehen konnten. In unserer Situation gibt es keine Teilung, sondern beide Zugänge, den inneren und den äußeren. Aber für die westchristliche Tradition ergab sich hier ein Problem. Und die ersten präprotestantischen Mystiker sagten daher „gut, lasst uns die äußere Form anerkennen, aber den innerlichen Weg fortsetzen.“ Und sie waren Platoniker, weil sie sagten, dass wir eine direkte Verbindung zu Gott haben und Gott in uns sprechen kann und dass das unsere innere Dimension ist. Daher waren sie reine Christen. Aus unserer Situation kann man sagen, dass sie der Orthodoxie gewissermaßen näher standen. Aber es gab auch Exzesse des Platonismus. Zum Beispiel sagte Meister Eckhart, dass es etwas jenseits der Dreifaltigkeit gäbe, eine Einheit jenseits der Dreifaltigkeit. Das wiederum ist nicht sehr orthodox. Aber nichtsdestotrotz lag darin die eigentliche Idee. Dieses Konzept des radikalen Selbst, das Konzept eines inneren Selbst das im Herzen lebt, dieser „innere Christus“ wie sie ihn nannten lag am Ursprung des Protestantismus bei Wycliffe, den Hussiten und den deutschen Mystikern. Er war also bis zu einem gewissen Punkt legitim.
Als sie aber versuchten, sich dieser Lehre mit Luther und Calvin zu widersetzen, hatten sie die Tradition selbst verloren. Sie verloren die Ikonen, die Mönche, die Klöster und schließlich die Kirche selbst. Indem sie versuchten, dem Menschen einen direkten Zugang zu Gott zu legen zerstörten sie die Sakralität. Und sie nahmen das, was man das „radikale Selbst“ (das innere Selbst das in unserer Seele lebt) nennen könnte und ersetzen es durch die normale Individualität, durch eine profane Individualität. Das war also eine Art religiöser Individualismus anstelle dieser mystischen Dimension. Denn als der Protestantismus begann sich selbst auszubreiten, konnte er deshalb den Zuspruch der Massen deshalb finden, weil sie nicht in der Lage dazu waren, eine besondere innere Erfahrung zu machen. Und das war schließlich die ausgewachsene Perversion. Das war die Zerstörung des Christentums. Denn vom legitimen Ausgangspunkt des frühen Protestantismus – oder besser gesagt der präprotestantischen Mystik von Wycliffe und den europäischen Platonikern – war dies gewissermaßen die Zerstörung der traditionellen katholischen Gesellschaft. Und das war titanisch.
Es gibt ein inneres Selbst, welches göttlich ist. Wenn wir aber diese radikale Innerlichkeit nicht annehmen, wo im Zentrum unseres Herzens Christus lebt und wir die Aufmerksamkeit auf den äußeren Aspekt anstatt auf das echte Subjekt (das radikale Subjekt) legen, erhalten wir ein positives Subjekt. Diese stellt nicht den Dritten Mann in der mystischen Sprache des Johannes Tauler dar. Er sagte, dass es drei Männer in uns gibt. Es gibt den Mann als Tier (das ist der Äußere), den rationalen Mann (den Zweiten Mann) und den versteckten, mysteriösen, geheimen Mann in uns (das ist das radikale Subjekt), in unserem Inneren. Dieser mysteriöse Dritte Mann ist in unserem Inneren beheimatet. Er ist nicht in unserem Körper, sondern in unserer Seele. Er ist der mysteriöse Punkt der in unserem Geist verborgen ist. Dieser Dritte Mann ist nicht der selbe wie der Zweite (rationale) Mann, sie befinden sich im Gegensatz zueinander. Die ersten Mystiker verteidigten diesen Dritten Mann. Der normale Protestantismus jedoch verlegte den Fokus vom Dritten auf den Zweiten Mann. Sie verliehen jemanden Würde, der keine solche Würde besitzen sollte, weil eine direkte Verbindung zwischen dem Zweiten Mann (dem rationalen Mann und positiven Subjekt) und Gott nicht möglich ist. Es sollte immer ein Mittler existieren, denn eine direkte Beziehung ist unmöglich. Und der Anspruch darauf so eine Beziehung zu unterhalten, ist rein titanisch.
Das war also die Transformation des Logos im Rahmen des Protestantismus. In der frühen Phase des Protestantismus war es ein legitimer Anspruch, Beziehungen zwischen dem Dritten Mann (dem versteckten Mann in uns) und Gott zu führen. Der normale, profane Protestantismus hingegen hatte einen ganz anderen Zugang. Dies erwies sich als fatal und führte zur Zerstörung der traditionellen Gesellschaft aufgrund des Titanismus, der mit der Lehre Luthers und insbesondere durch den Calvinismus aufkam. Der Calvinismus ist viel schlimmer als die Lehre Luthers, weil er die radikale Abwesenheit jeglicher Sakralität in der Welt behauptet. Er stellt eine Glorifizierung des Zweiten Mannes als die einzige Möglichkeit Mensch zu sein dar. Er ist profan und zieht die Zerstörung aller Sakralität nach sich. Das war die Voraussetzung für die Ankunft der modernen postchristlichen Zivilisation. Der Protestantismus war der Riss in der großen Mauer der christlichen Zivilisation. Er stellte die Zerstörung der westchristlichen Tradition dar.
Um uns auf die nächste Vorlesung über die noologische Analyse der Moderne vorzubereiten, können wir eine sehr kurze Analyse dessen durchführen, was als die Entchristianisierung der modernen Gesellschaft zu bezeichnen ist. Diese bestand in der Zerstörung des Logos des Apoll und des Logos des Dionysos. Kurzum eine Zerstörung des indoeuropäischen Erbes. Hierbei handelte es sich nicht nur um des Austausch oder die Ersetzung einer Religion (der Christlichen) durch eine säkulare Fassung. Wir haben es hier mit einer viel schwerwiegenderen Katastrophe zu tun, als sie der bloße Fall des Christentums darstellt. Das war der Fall des Logos der bereits vor dem Christentum zu uns gehörte, Zerstörung aller Formen der Vertikalität, die echte Ankunft des Antichristen, die Befreiung Satans von den Ketten der Hölle und eine Eruption wie Intervention und Invasion der titanischen Macht, welche innerhalb des Existenzhorizontes der europäischen Kultur existierte. Wir können nun also evaluieren, was im Rahmen des Protestantismus und der Entchristianisierung geschah. Das ist ein neuer Moment in der Noomachie, weil im selben Moment (dem Sieg des Logos des Apoll gemeinsam mit dem Logos des Dionysos gegen den Logos der Kybele) unsere Zivilisation begann, das erste grundlegende Ereignis. Damit ging eine Herrschaft zu Ende. Wir lebten während Tausenden von Jahren in diesem Moment der Noomachie und hatten gegensätzliche Existenzhorizonte in unserer Gesellschaft, aber dennoch lebten wir im Sieg des Lichtes über die Dunkelheit. Und all dies begann nicht mit dem Christentum, sondern wurde durch das Christentum fortgesetzt. Wir waren viele Jahrtausende lang glücklich, Söhne des Lichts zu sein und im Königreich des Lichtes zu leben, mit allen Problemen, dramatischen Aspekten, all den dionysischen Aspekten, dem Sterben, Wiederauferstehen, zerstört werden, um erneut unsere Noomachie und Schlachten zu gewinnen. Mit der Entchristianisierung kam etwas absolut radikales vom noologischen und geosophischen Standpunkt aus gesehen. Was genau, werden wir in der nächsten Vorlesung sehen.
Aus dem Englischen übersetzt von Alexander Markovics